Zehn kritische Fragen an den CdA zu den Finanzen der Armee

21. Februar 2024
Von

Eine Mitteilung des VBS

Warum braucht die Armee mehr Geld?

  • Die Sicherheitslage in Europa verschärft sich. Militärische Gewalt etabliert sich
    wieder als Mittel der Politik. Die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz muss darum
    rasch gestärkt werden.
  • Mit den der Armee heute zur Verfügung stehenden Systemen kann nur noch
    rund ein Drittel der Bodentruppen für die Verteidigung ausgerüstet werden; faktisch entspricht dies einer Brigade. Das reicht nicht, um im Rahmen der aktiven
    Verteidigung gegen einen modernen Gegner den Auftrag zu erfüllen.
  • Eine auf den Krieg ausgerichtete Logistik fehlt.
  • Die Bevorratung an Munition ist auf die Ausbildung ausgerichtet.
  • Die Armee braucht das Geld zur raschen Stärkung der Verteidigungsfähigkeit.
  • Die Bedrohungen haben sich verändert. Die Armee muss parallel zur Modernisierung der Ausrüstung auch neue Fähigkeiten aufbauen; dazu gehört namentlich der Schutz der Bevölkerung vor Bedrohungen aus der Luft und aus dem
    Cyberraum.
  • Der von Bundesrat und Parlament beschlossene langsamere finanzielle Aufwuchs des Armeebudgets auf 1% BIP per 2035 verschiebt die Umsetzung des
    geplanten ersten Schrittes zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit bis in die
    2040er Jahre hinein.

Hat die Armee mehr Geld ausgegeben als sie durfte?

  • Nein. Jede Ausgabe für eine Investition ist abgestützt auf einen vom Parlament
    bewilligten Verpflichtungskredit.
  • Die Armee hält das vom Parlament gesprochene Budget ein.
  • Verpflichtungskredite erlauben es der Armee, mit der Industrie zu verhandeln
    und Verträge zu unterschreiben.
  • Die Zahlungsmodalitäten werden ebenfalls mit der Industrie verhandelt. In der
    Regel erfolgen Zahlungen gestaffelt über mehrere Jahre.2/5

Warum dann die Finanzierungsengpässe; warum bestehen mehr
Verpflichtungen als Geld vorhanden ist?

  • Gemäss langjähriger Praxis werden in der Finanzplanung für Rüstungsbeschaffungen jeweils höhere Beträge eingesetzt, als dass vertragliche Verpflichtungen
    bestehen.
  • Dies hat den Vorteil, dass Projekte, die aus irgendeinem Grund verzögert oder
    nicht umgesetzt werden, durch andere notwendige Beschaffungen ersetzt werden können.
  • Durch die vom Parlament bewilligte Erhöhung des Armeebudgets im Rahmen
    der Rüstungsprogramme 2022 und 2023 ist der Überhang an Verpflichtungen
    entsprechend höher als in vergangenen Jahren. Von den für die nächsten drei
    Jahren geplanten Investitionen in der Höhe von 1.4 Milliarden zur Verbesserung
    der Verteidigungsfähigkeit sind rund 70 % noch nicht vertraglich verpflichtet. Es
    kann noch priorisiert und allenfalls in Folgejahre geschoben werden.
  • Insgesamt bestehen offene Verpflichtungen von aktuell rund 10.7 Milliarden
    (noch vor einem Jahr waren es 11.4 Milliarden).
  • Die Armee bezahlt sämtliche vertraglich vereinbarten Rechnungen dieses und
    auch die nächsten Jahre, ohne dass es zu einer Überschreitung des Zahlungsrahmens kommt.

Wusste der CdA, dass ein Finanzierungsengpass besteht und wann
hat er die Sicherheitspolitischen Kommissionen informiert?

  • Im März 2023 hat der CdA die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates über die Auswirkungen einer Verschiebung der Erhöhung des Budgets auf
    die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit informiert. Der CdA hat festgehalten,
    dass der Armee dadurch rund 10 Milliarden weniger zur Verfügung stehen und
    der erste Schritt zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit um eine ganze Legislaturperiode verschoben werden muss. Zudem wies er darauf hin, dass eine
    verzögerte Umsetzung von geplanten Projekten zwangsläufig die Betriebskosten ansteigen lässt.
  • Nach dem Entscheid des Bundesrates im Januar 2023, den Anstieg des Armeebudgets auf 1% BIP per 2035 zu verschieben, wurde die Investitionsplanung
    überarbeitet. Die konkreten Resultate lagen im Spätherbst 2023 vor.

Zur Absage der Anlässe: Warum wurden diese abgesagt?

  • Die Armeeführung verabschiedet jeweils im Januar des laufenden Jahres das
    Globalbudget «Funktionsaufwand» für das Folgejahr. Darunter fallen auch die
    Aufwände für die Kommunikation und Grossanlässe.
  • An der Armeeführungssitzung vom 24. Januar 2024 zeigte sich, dass die Eingaben höher waren als das zur Verfügung stehende Budget. Dies trotz bereits im
    November 2023 angeordneten Sparmassnahmen, z.B. bei den Spesen und Beratungsleistungen.
  • Die Armeeführung entschied in der Folge, bei weiteren Kürzungen der eigenen
    Strategie und dem Auftrag zu folgen: Die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit
    und die Sicherstellung der Bereitschaft für Einsätze der Armee.3/5
  • Um Kosten zu sparen und die für die Anlässe vorgesehenen Truppen und Ressourcen für die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit einsetzen zu können, entschied sich die Armeeführung für eine Absage von Anlässen.
  • Mit der Absage der Anlässe können rund 3.5 Millionen an Ausgaben gespart
    werden. Dazu kommen noch die Kosten für Flugstunden und Treibstoff sowie
    eine grosse Anzahl Diensttage bei der Truppe, welche für die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit eingesetzt werden können.

Was haben die Betriebskosten und die Finanzierungsengpässe mit
der Absage von Anlässen zu tun?

  • Die Anlässe stehen im selben Budgetposten wie der Betrieb. Das hohe Alter der
    Systeme, die zunehmende Technologisierung aber auch die Teuerung verursachten einen starken Anstieg der Betriebskosten. Aus diesem Grund musste
    die Armeeführung nach Kürzungsmöglichkeiten suchen. Diese wurden unter anderem bei den Anlässen gefunden.
  • Im Rahmen des Finanzhaushaltsgesetzes dürfen bis zu einem gewissen Anteil
    Verschiebungen zwischen Budgets gemacht werden. Eine Verschiebung aus
    den Investitionen zu Gunsten des Betriebes war aufgrund der Finanzierungsengpässe nicht möglich. Dies wird auch in den nächsten Jahren nicht möglich
    sein.
  • Die Armee muss daher ein Sparprogramm beim Betrieb und frühere Ausserdienststellungen von Systemen in Betracht ziehen, um Mittel für die Erneuerung
    und eine frühzeitige Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit freizumachen.

Hätte die Armee nicht auch bei einer Belassung der Erhöhung des
Budgets für das Jahr 2024 zu wenig Geld gehabt?

  • Mit dem ursprünglich beschlossenen Anstieg bis 2030 hätte die Armee 2024
    rund 300 und 2025 rund 500 Millionen mehr zur Verfügung gehabt und es hätten
    entsprechend weniger Verpflichtungen verschoben werden müssen.
  1. Warum wurden ein erhöhtes Rüstungsprogramm 2022 und ein
    ursprünglich nicht geplantes Rüstungsprogramm 2023 aufgelegt?
  • Die Erhöhung des Rüstungsprogrammes 2022 um 300 Millionen erfolgte direkt
    im Auftrag des Parlaments. Der Grund waren der Krieg in der Ukraine und die
    sich verändernde Sicherheitslage.
  • Das Rüstungsprogramm 2023 im Umfang von 725 Millionen wurde aufgrund der
    vom Parlament beschlossenen Erhöhung des Armeebudgets auf 1% bis 2030
    aufgelegt. Dies ist in der Armeebotschaft 2023 entsprechend festgehalten.4/5

Warum sollte die Armee das Heer verlieren?

  • Durch den langsameren finanziellen Aufwuchs müssen Systeme des Heeres
    ausser Dienst gestellt werden bevor der Ersatz beschafft werden kann. Dadurch
    verliert die Armee das Heer, zumindest temporär. Ein Wiederaufbau von Fähigkeiten dauert in der Regel rund zehn Jahre.
  • In den nächsten Jahren gelangen zahlreiche Systeme der Bodentruppen ans
    Ende ihrer Nutzungsdauer, wie die Armee in ihrem Grundlagenbericht «Zukunft
    der Bodentruppen» 2019 detailliert dargelegt hat. Wenn nicht rechtzeitig Ersatzbeschaffungen für die Artillerie und Nutzungsverlängerungen für die
    Panzer 87 Leopard finanzierbar sind, entstehen sogenannte Fähigkeitslücken.
    Will heissen: Die Armee wird noch in den 2020er Jahren über keine Artillerie
    mehr verfügen und zu Beginn der 2030er Jahre über keine einsatzbereiten
    Kampfpanzer. In der Konsequenz würde die Armee das Heer mit seinen mechanisierten Truppen verlieren.

Hat die Armeeführung Fehler gemacht?

  • Der CdA kann heute eigene Fehler noch nicht komplett ausschliessen. Nach
    seinem aktuellen Wissen haben jedoch weder die Mitarbeitenden der Gruppe
    Verteidigung noch er gegen Gesetze, Weisungen, interne Vorschriften oder Prozesse verstossen. Sollte der CdA einen Fehler erkennen, wird er diesen eingestehen und kommunizieren.
  • In Anbetracht der sich verschlechternden Sicherheitslage in Europa werden sich
    der CdA und die Armeeführung auch weiterhin für eine rasche Stärkung der Verteidigungsfähigkeit einsetzen. Dazu braucht es zeitgerecht die notwendigen finanziellen Mittel.
    Einige Zahlen und Fakten:
  • Das Budget für den Betrieb aller Systeme der Armee musste in den letzten Jahren bereits um rund 70 Millionen erhöht werden.
  • Nach Schätzungen der Armee würde die vollständige Ausrüstung rund
    40 Milliarden kosten. Es kommen noch einmal rund 8-10 Milliarden für Munition
    und die Bevorratung von Ersatzteilen dazu.
  • Der Sparbeitrag der Armee an die allgemeinen Bundesfinanzen betrug seit 1998
    rund 40 Milliarden. Genau der Betrag, welcher für die vollständige Ausrüstung
    fehlt.
  • Mit den ordentlichen vorgesehenen Krediten würde die Finanzierung des ersten
    Schrittes der Verteidigungsfähigkeit im Umfang von 13 Milliarden bis in die
    zweite Hälfte der 2030er Jahre dauern, die Einführung und Umsetzung bis Anfang der 2040er.
  • Seit 2020 gab es keine Kreditreste mehr, d.h. die Finanzplanung mit einem
    Überhang bewährt sich.
  • Die Armee kann für die Verteidigung heute zwei Panzerbataillone, eine Artillerieabteilung sowie sechs Infanteriebataillone ausrüsten. Das entspricht im internationalen Vergleich nicht einmal einer Brigade.