Ich bin Wachtmeister Kienzi –und das finde ich völlig in Ordnung

4. September 2023
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Interview – Cécile Kienzi Chefredaktorin „Schweizer Soldat“

Cécile Kienzi ist neu Chefredaktorin der Zeitschrift «Schweizer Soldat».Die 26-Jährige kämpft für Gleichberechtigung in der Armee und regt sich besonders über ein Klischee auf.


Das ganze Interview zum Nachlesen finden sie auf zueriost.ch.

Von Christian Zürcher und Annik Hosmann

Frau Kienzi, Sie springen in Ihrer Freizeit aus Flugzeugen und fliegen Fallschirm.

Cécile Kienzi: Genau. Es ist Freiheit pur.

Als Sie 23 waren, gingen Sie ins Mili­ tär. Da hätten doch die Fallschirmauf­ klärer, die absolute Elitetruppe, auf der Hand gelegen?

Ich habe mir das schon überlegt. Das hat ja noch keine Frau geschafft, so körperlich fordernd ist das. Bei mir war aber schon vor der Aushebung klar, dass daraus nichts wird – ich bin stark kurzsichtig.

Stattdessen gingen Sie zu den Füsilieren, manche sagen: das Kanonenfutter der Armee. Weshalb?

Halt, das ist eine wichtige Truppengattung. Ich habe von meinem Umfeld immer wieder viel Gutes darüber gehört. Der Sanitätsdienst. Das Schiessen. Das Häuserstürmen. Irgendwann wollte ich es selbst erleben.

Sie haben nicht nur zum Wachtmeister weitergemacht, Sie sind seit wenigen Wochen auch Chefredaktorin der unabhängigen Zeitschrift «Schweizer Soldat». Heisst diese bald «Schweizer Soldatin»?

(Lacht.) Nein, ich finde nicht, dass das Gendern des Titels ein Mittel ist, um Gleichberechtigung zu schaffen. Im Militär gibt es 1,4 Prozent Frauen. Die grosse Mehrheit im Militär und damit in unserer Leserschaft sind Männer. Wenn ich das Magazin nun umbenennen würde, dann wäre das nicht repräsentativ. Ausserdem gibt es im Militär keine weiblichen Gradbezeichnungen. Ich bin Wachtmeister Kienzi und nicht Wachtmeisterin Kienzi. Und das finde ich völlig in Ordnung.

Muss man nicht irgendwo anfangen, um dieses Ungleichgewicht auszu­ gleichen?

Doch, aber wenn man explizit in der Anrede darauf hinweist, dass jemand eine Frau ist, wird noch mehr auf dieses Ungleichgewicht im Militär hingewiesen. Dabei ging ich ja genau ins Militär, um gleichberechtigt zu sein.

Und fühlten Sie sich gleichberechtigt?

Ja, weil ich keinen Vorteil, aber auch keinen Nachteil habe als Frau. Alle müssen genau gleich weit laufen, müssen genau gleich viel tragen.